Es geht weiter mit der Norwegenreihe. Mein PTA-Tagebuch beschäftigt mich aktuell sehr, sodass ich quasi die ganze Zeit daran arbeite und kaum zum Verfassen komme, aber ein Ende ist in Sicht! Das ist auch gut so, am Montag muss ich es schließlich abgeben - komplett überarbeitet und gebunden. Aber ich bin guter Dinge, darum zeige ich euch nun den letzten Teil, der auch gleichzeitig unseren letzten Abend in Norwegen zeigt: die erfolgreiche Polarlichtjagd, die einfach alles übertroffen hat und uns immer gut im Gedächtnis bleiben wird.
Es war ein recht sonniger Montag, der unsere Erwartungen an die nächtliche Tour allein dadurch schon mächtig antsteigen ließ. Ein wolkenloser Himmel ist die beste Voraussetzung, der KP-Index lag zwar nur bei 1 (auf einer Skala von 0 - 10, während das aber nur heißt, wie weit die Lichter über die Erdoberfläche zu sehen sind), aber wir waren trotzdem erstaunlich optimistisch. Gegen halb sechs am Abend wurden wir von einem schwarzen Van abgeholt, darin fünf Briten und unser Guide, ein netter Kerl aus Australien, der in Norwegen sozusagen "Saisonarbeiter" ist und nur im Winter für Nordlichttouren herkommt. Es war erst seine zweite Saison, aber er hatte schon wahnsinnige Lichter gesehen und schien viel Ahnung zu haben (im Gegensatz zu unserem vorherigen Guide), darum trauten wir ihm und ließen ihn einfach fahren. Zunächst fuhren wir ins "Basement", um uns wieder mit den obligatorischen Schneeanzügen auszustatten. Es stellte sich später heraus, dass das eine sehr gute Wahl war.
Es war eine wirklich nette Stimmung im Bus, die Briten sind gerade erst angereist, es war ihre allererste Tour und auch sie waren natürlich voller Erwartungen. Zunächst fuhren wir an eine Stelle, die eigentlich ziemlich gut sein sollte, aber da war nichts, nur Milliarden von Sternen und ein paar Satelliten, die am Himmel herumkreisten. Das alleine war aber auch schon ein toller Anblick, wir hielten Ausschau nach einem grünen Schimmer und unser Optimismus wich von Minute zu Minute mehr davon.
ganz entfernt, über einem Berg, sahen wir grüne Lichter. Seht ihr sie auch? Allerdings zog sich der Himmel stetig weiter zu, Wolken und Dunst nahmen uns Stück für Stück immer mehr die Sicht auf den klaren Abendhimmel. Und jetzt? Bleiben und hoffen, oder weiterfahren? Wir entschieden uns für letzteres und unser Guide erklärte uns, dass ein gutes Stück von hier die Grenze zu Finnland liegt und man dort eigentlich immer gute Chancen auf Polarlichter hat.
Wir fuhren und fuhren, es wurde waldiger und im Dickicht versteckten sich viele Elche und Rentiere - leider haben wir keines zu Gesicht bekommen. Ich hätte gerne einen Elch gesehen! Irgendwann fuhren wir um die Ecke und da war plötzlich eine Ampel. Im Nichts. Rot. Unser Guide schaltete den Motor ab und sagte uns, dass das jetzt eine halbe Stunde dauern kann, die nächsten Kilometer sind nämlich nur einspurig befahrbar und es kann etwas dauern, bis wir grün hätten, wenn die (nicht vorhandenen) anderen gerade erst losgefahren wären. Er stieg aus und zündete sich eine Zigarette an - da sprang die Ampel auf grün und wir machten laut darauf aufmerksam. Nicht, dass die Grünphase so kurz ist, wie man es hier so kennt! Schnell sprang er wieder ins Auto und wir fuhren weiter durch das Nichts.
Hier war wirklich nichts, kein Haus, keine Laterne, nichts. Es war fast schon ein bisschen gruselig, wie das Fernlicht des Vans alles ausleuchtete, am Straßenrand türmten sich hohe Schneemassen, kleine, krüppelige Tannen links und rechts. Kein anderes Auto weit und breit. Einen Moment lang spielte in meinem Kopf ein Film ab: Plötzlich bleiben wir stehen - Motorschaden. Kein Netz, niemand in auch nur annähernder Reichweite. Eine Weile bleiben wir im Bus sitzen und warten darauf, dass vielleicht jemand vorbeikommt, aber niemand erscheint. Es kühlt langsam aber stetig ab, uns ist kalt, wir sind müde und hungrig, haben Angst, einzuschlafen und zu erfrieren. Irgendwann werden manche aggressiv, zwei Leute entscheiden sich dazu, in Richtung des nächsten Ortes zu gehen, ohne Licht und ohne Proviant. Nach einer halben Stunde hören wir laute Schreie, Panik macht sich breit. Es endet damit, dass wir uns gegenseitig abschlachten und aufessen und der letzte Mensch, der sich lebend im Bus befindet, ist total verrückt geworden und überfällt die nach Tagen eintreffenden Helfer, erschlägt sie mit einem Stein. Uff. Aber zum Glück bewegt sich das Auto, alle sind wohlauf und keine Spur Aggression in der Luft. Mir ist es trotzdem komisch, ich freue mich darauf, bald anzukommen.
Und dann kam plötzlich das Schild. "Suomi - Finland". Willkommen in der EU. Unser Guide bringt es auf den Punkt "Welcome to Finland. It's sooo different here!". Schnee, erbärmliche Tannen. Wäre da kein Schild, hätte man es gar nicht gemerkt. Eins ändert sich aber: die Temperatur. Es kühlt plötzlich so extrem ab, dass alle Scheiben einfrieren. Wir müssen kurz anhalten und warten, bis wir wieder etwa sehen. Dann sind es nur noch wenige Minuten Fahrt und unser Guide kündigt an, die Endstation erreicht zu haben. Wir pellen uns aus dem Auto (das ist gar nicht mal so leicht!) und schauen nach oben: tatsächlich! Da ist etwas zu sehen, ganz leicht, aber es ist da!
Die Briten sind vollkommen aus dem Häuschen und auch wir freuen uns. Das ist doch deutlich besser, als vorher! Es ist nur eine Frage der Zeit, denn die Lichter flammen auf, verschwinden wieder, um dann wenige Minuten später wieder mit voller Wucht zurückzukommen. Und dann ging es los. Es wurde heller und heller.
Dann da! An einer anderen Stelle fing es auch an!
Es ging ganz schnell, dann leutete alles über und um uns herum in einem wunderbar satten grün. Wir konnten sogar das seltene Purpur sehen, was sich wie ein Band darumlegte.
Wie aus dem Nichts bildete sich eine große Wolke, die immer größer wurde und dann in sich zerbrach - und die Form eines Herzens annahm. Wunderschön!
Zu den grünen Flächen kamen dann plötzlich Linien, die sich wie ein großes Band einmal quer über den Himmel spannten. Die Lichter tanzten hin und her, man konnte es leider gar nicht richtig festhalten.
Dann zerprang das Band, es wurde wieder zu einer schimmernden grünen Fläche.
Es war so wundervoll. Ich entschied mich, meine Kamera auszuschalten und diese Szene einfach nur zu genießen. Unser Guide hat noch ein Foto gemacht, ziemlich clever; wir stellten uns vor dieses Naturschauspiel, er fokussierte auf uns und leuchtete während der Belichtung nur einmal kurz mit der Taschenlampe auf uns, dann nahm er das Licht weg. Die Kamera belichtete 30 Sekunden und heraus kam dieses wunderbare Familienportrait!
Auch ein Foto von uns beim Fotografieren war im Ordner mit seinen "Portraits", den wir zugeschickt bekommen haben.
Zu diesem Spektakel haben wir noch eine professionelle Tütenmahlzeit, die man mit Wasser, das durch einen Gasbrenner aufgekocht wurde, füllt. Etwas stehenlassen, umrühren, fertig. Ich hatte Gemüserisotto und es hat sogar echt gut geschmeckt! Danach gab es noch einen warmen Kakao und es war wirklich der beste Kakao, den ich jemals hatte, das machte aber bestimmt die Sicht. Auch jetzt kommt immer noch diese spezielle Stimmung auf, wenn ich einen Kakao trinke - schöne Verbindung :) Um halb drei Uhr in der Nacht entschieden wir dann, uns auf den Rückweg zu machen. Ein bisschen traurig setzten wir uns wieder ins Auto und obwohl meine Haare zu einem dicken Klotz gefroren und ich meine Füße nicht mehr spüren konnte (hätte ich doch besser die warmen Schuhe aus dem Basement genommen, minus 17°C ist schon eine heftige Temperatur!), hätte ich noch stehen bleiben können, bis die Sonne wieder aufgeht. Als wir dann im Hotel ankamen und ich mich fertig gemacht hatte, war es schon fünf Uhr morgens... natürlich habe ich auch prompt verschlafen, aber wir hatten zum Glück noch einen Zeitpuffer ;) Auf dem Rückflug habe ich komplett geschlafen und geträumt... von diesen wunderbaren Lichtern.
Ich hoffe, euch hat die Norwegenreihe interessiert und gefallen!
Liebe Grüße